Weißt du, für wie viel Verpackungsmüll du jedes Jahr sorgst, als Durchschnittsbürger in Deutschland? Im Jahr 2019 waren es 277,55 Kilogramm pro Kopf oder 18,91 Millionen Tonnen auf die gesamte Bevölkerung bezogen.

Gegenüber 2010 bedeutet das eine Steigerung von satten 18,1 Prozent. Damit liegen wir hierzulande rund 50 Kilogramm über dem europäischen Mittelwert von 177,38 Kilogramm. Die Zahlen stammen vom Umweltbundesamt (UBA).

Der enorme Zuwachs innerhalb eines Jahrzehnts liegt nach Einschätzung der Deutschen Umwelthilfe (DUH) an einer deutlichen Zunahme der "Einweg-To-go“-Produkte, an schrumpfenden Verpackungsgrößen und am stetig wachsenden Online-Handel.

Um dem entgegenzusteuern, muss das Mehrwegsystem weiter ausgebaut und die Recyclingfähigkeit von Verpackungen verbessert werden. Grund genug also, einmal einen Blick auf die Historie und Entwicklung des Recyclings zu werfen.

Historische Anfänge der Wiederverwertung

Der Mensch war schon immer erfinderisch. So ist es wenig überraschend, dass die Wiederverwertung von bestimmten Stoffen bereits in der Antike betrieben wurde, denn manche Rohstoffe waren entweder zu knapp oder zu wertvoll, um sie einfach nur irgendwo zu entsorgen.

recyclable

Antike: Metall- und Glasrecycling

Archäologische Ausgrabungen haben gezeigt, dass in der Antike in Ägypten, Griechenland und Rom Glas und Metall gesammelt und durch Einschmelzen wiederverwertet wurden. So gab es professionelle Altmetallsammler, die in den Städten nach nicht mehr verwendeten Metallprodukten suchten.

Als sich im Römischen Reich das Christentum durchgesetzt hatte, wurden von den Christen Tausende "heidnische" Statuen aus Bronze zerstört, anschließend eingeschmolzen und zu neuen Produkten verarbeitet. Nach dem Untergang Roms waren zahllose Grabräuber unterwegs, um aus den heimgesuchten Gräbern Metall zu entwenden.

Das nahm solche Ausmaße an, dass der normale Abbau von Erzen in dieser Zeit deutlich zurückging. Der berühmte "Koloss von Rhodos", der auf der gleichnamigen griechischen Insel über der Hafeneinfahrt stand und als eines der sieben Weltwunder des Altertums galt, war ebenfalls aus Bronze. Die 30 bis 40 Meter hohe Statue stürzte während eines Erdbebens um und wurde dabei zerstört. Bekannt ist, dass jüdische Metallhändler im Jahr 672, Teile des Kolosses den arabischen Eroberern der Insel abkauften, um sie wiederzuverwerten.

In den Abfallgruben des Mittelalters finden sich nur wenig Reste von Glas und Metall, obwohl beide Stoffe zu dieser Zeit nicht selten waren. Archäologen deuten diesen Fakt ebenfalls dahingehend, dass unbrauchbar gewordene Gegenstände aus diesen Materialien gesammelt, eingeschmolzen und zu neuen Produkten verarbeitet wurden.

Mittelalter: Papier aus Lumpen

Ab dem 12. Jahrhundert begann sich die Papierindustrie in Europa zu etablieren, zunächst in Italien und Frankreich. 1390 wurde die erste deutsche Papiermühle in Nürnberg gegründet. Die wichtigsten Rohstoffe waren in dieser Zeit und bis ins 19. Jahrhundert hinein nicht Holz oder Zellstoff, sondern Lumpen bzw. Hadern.

Im Mittelalter war es die Aufgabe von Lumpensammlern, durch die Städte zu ziehen und den Bürgern nicht mehr gebrauchte Textilien abzukaufen und an die Papiermühlen zu liefern. Auch Reste von Spinnereien, Webereien, Schneidern und Seilerwerkstätten wurden Teil der Papierproduktion.

Die Lumpensammler stammten in der Regel aus sozialen Randgruppen und waren nicht besonders angesehen. Zudem waren sie berüchtigt für ihr aggressives Feilschen. Bis heute ist das daraus resultierende Schimpfwort "Haderlump" bekannt.

Interessant in diesem Zusammenhang: Mit der Erfindung und dem Siegeszug des Buchdrucks wurde die Nachfrage nach Lumpen so groß, dass in manchen Gegenden die Ausfuhr oder Schmuggel der ausrangierten Textilien schwer bestraft wurde.

Frühe Neuzeit: Papier aus Altpapier

Als Erfinder des Papierrecyclings gilt der deutsche Jurist Justus Claproth (1728-1805) aus Göttingen. Zusammen mit dem Papierhersteller Johann Engelhard Schmid (1736-1811) gelang es ihm, die Druckerschwärze mit Terpentinöl und Wascherde aus dem Altpapier zu entfernen.

Die Ergebnisse veröffentlichte er in seiner Publikation "Eine Erfindung, aus gedrucktem Papier wiederum neues Papier zu machen". Damit war das Deinking-Verfahren (entfernen der Druckfarbe aus bedrucktem Altpapier) erfunden. Das Verfahren setzte sich allerdings erst ab den 1950er Jahren im industriellen Maßstab durch.

Mülleimer

Heute setzt die deutsche Papierbranche für ihre Produktion rund 80 Prozent Altpapier ein. Möglich geworden ist das durch die stetige technische Weiterentwicklung des Deinkings und der Trennung von unterschiedlichen Altpapierqualitäten.

 

Zeitalter der Industrialisierung: Die Müllberge wachsen

In den ersten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts begann die Industrialisierung in Europa. Der Übergang von einer überwiegend landwirtschaftlichen und handwerklichen zur maschinellen Produktion und das parallel verlaufende Bevölkerungswachstum führten dazu, dass zunehmend Produkte hergestellt wurden, die am Ende ihrer Lebensdauer Müll verursachten.

In dieser Zeit entstand neben der wachsenden Quantität auch eine neue Qualität des Abfalls hinsichtlich Verpackungen und Umverpackungen. Viele Waren wurden bei den Herstellern verpackt, um sie für den Transport vorzubereiten und besser zu schützen.

Durch die maschinelle Produktion wurde vieles billiger, sodass sich bald eine Art Wegwerfmentalität ausbreitete, die bis heute anhält. Die bereits genannte Zahl von 277,55 Kilogramm Verpackungsmüll pro Kopf allein in Deutschland unterstreicht diesen Umstand.

Es gibt zwar zahlreiche Verfahren zum Recycling von Müll, jedoch wird weiterhin Abfall achtlos weggeworfen. Du musst nur an die Verschmutzung der Meere mit Millionen Tonnen Plastik denken, um zu wissen, welche Aufgaben jetzt und in Zukunft zu bewältigen sind.

Wie hat sich das Mehrwegsystem entwickelt?

Waage

Wenn wir heute über Mehrwegverpackungen sprechen, handelt es sich zu einem nicht unwesentlichen Teil um Getränkeverpackungen bzw. -flaschen. Auch auf diesem Gebiet reicht die Geschichte weit zurück.

Griechen und die Römer nutzten für den Transport und die Lagerung von Flüssigkeiten wie Wein, Olivenöl, Fischsaucen und festen Lebensmitteln wie Getreide und Früchten bauchförmige Tongefäße, die bekannten Amphoren. Diese wurden nach der Entleerung nicht weggeworfen, sondern gereinigt und wiederverwendet.

Das älteste bekannte Pfandsystem für Mehrwegflaschen wurde 1885 in Schweden für Glasflaschen mit 33 cl Inhalt eingeführt. Viele Länder zogen mit der Zeit nach und führten eine Pfandabgabe auf Mehrwegflaschen aus Glas und Kunststoff ein.

Beispiel für ein Mehrwegsystem: Mineralwasserflaschen in Deutschland

In Deutschland gibt es zahlreiche Brunnen, aus denen Mineralwasser gewonnen, in Flaschen abgefüllt und verkauft wird. Bis zum Beginn des Zweiten Weltkriegs vertrieb jedoch jeder Brunnen sein Produkt in einer eigenen Flasche, was die Rückgabe zu einem Problem machte. Es gab zwar auf regionaler Ebene vereinzelte Kooperationen, aber insgesamt gestaltete sich das Verfahren sehr unflexibel und aufwendig.

Eine bereits 1937 gegründete Genossenschaft von zwölf Mineralbrunnen entschied sich 1949 für eine Neuausrichtung und benannte sich in Genossenschaft Deutscher Brunnen eGmbH (GDB) um. Zu dieser Zeit existierten rund 60 unterschiedliche Flaschenformen und 200 Kastentypen.

Deshalb begann die GDB ab 1952 mit der Entwicklung einer Einheitsflasche, um die Rücknahme des Leerguts zu vereinfachen. Sie fasste 0,7 Liter Inhalt und hatte einen Hebelverschluss.

In den 1960er-Jahren entstanden dann die sogenannte Perlenflasche mit Schraubverschluss sowie der dazugehörige Kasten, die beide bis heute für Mineralwasser genutzt werden.

Es ist schwierig zu sagen, inwieweit die Flasche zur Steigerung des Verbrauchs in Deutschland beigetragen hat. Fakt ist jedoch, dass er von 12 Litern pro Kopf im Jahr 1969 auf mittlerweile mehr als 140 Liter pro Person und Jahr angestiegen ist.

Mit dem Aufkommen von Flaschen aus Kunststoff musste die GDB umdenken. Ende der 1990er-Jahre kam die Perlenflasche im gleichen Design als PET-Mehrwegflasche mit Fassungsvermögen von 0,5 und 0,75 sowie 1,0 Litern inklusive passenden Kästen auf den Markt. Von den Perlenflaschen sind viele Millionen Exemplare im Umlauf. Dies zeigt, wie erfolgreich ein Mehrwegsystem sein kann.

Grafik: Mehrweg spart CO2 - Beispiel anhand von Flaschen

Vorteile und Relevanz der Mehrwegnutzung

Mehrwegflaschen haben einige Vorteile gegenüber Einwegflaschen.

  1. Sie ermöglichen Klimaschutz, da sie über ihren Lebenszyklus hinweg nur etwa halb so viel CO2-Emissionen verursachen wie Einwegflaschen aus Kunststoff.

  2. Sie schonen Ressourcen. Allein in Deutschland werden pro Stunde rund zwei Millionen Einwegflaschen geleert. Das sind pro Jahr sagenhafte 17,4 Milliarden Flaschen, für deren Produktion ungefähr 440.000 Tonnen Rohöl und Erdgas benötigt werden.

  3. Sie vermeiden Abfall. Einweg-Plastikflaschen verursachen 450.000 Tonnen Müll pro Jahr, die durch Mehrwegsysteme eingespart werden könnten.

  4. Sie sorgen für kürzere Transportwege, da sie von 1.800 Getränkeherstellern regional befüllt und vertrieben werden. Für die großen Mengen an preisgünstigen Getränken in Plastikfalschen gibt es nur 200 Abfüllbetriebe, die bundesweit ausliefern und deshalb weitere Transportwege haben.

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Auch wenn Einwegflaschen recycelt werden können, sind sie nicht so umweltfreundlich wie Mehrwegflaschen, denn die Wiederverwertung verbraucht zusätzliche Energie.


Recycling in Deutschland 

Im Jahr 2019 lag die Recyclingquote für Kunststoffe in Deutschland bei 55,2 Prozent, während der europäische Durchschnitt nur rund ein Drittel beträgt. Im Vorjahr waren es noch 47,9 Prozent. Besonders hoch sind die Quoten für

    • Elektrogeräte: 100 Prozent

    • Papier und Pappe: 99 Prozent

    • Bioabfall: 97 Prozent

    • Hausmüll: 70 Prozent

Bedeutung des Grünen Punkts für das Recycling

Der grüne Punkt ist bzw. war ein Markenzeichen für das Duale System in Deutschland. Mit ihm werden und wurden Verpackungen gekennzeichnet, die im Gelben Sack, in der Gelben Tonne, in Altpapier- und Altglas-Containern gesammelt und anschließend entsorgt werden sollten.

Der Grüne Punkt wurde 1990 eingeführt, ist jedoch seit der fünften Novelle der Verpackungsverordnung nicht mehr verpflichtend. Im Kern signalisiert er, dass die so gekennzeichnete Verpackung, wenn sie restentleert ist, für die getrennte Sammlung zur Entsorgung geeignet ist. Wie die Trennung zu erfolgen hat, kann bei den Teilnehmern des Dualen Systems oder bei den Kommunen erfragt werden.

Fazit: Wiederverwertung und Mehrweg lohnen sich

Das Recycling hat eine lange Geschichte. Bereits vor mehreren Jahrhunderten wurde das Prinzip in einfachen Formen angewendet. Heute sind die Systeme deutlich ausgeklügelter. Angesichts schwindender Ressourcen und der erheblichen Belastung mit CO2-Emissionen und Abfall sind Einwegflaschen aus Kunststoff, aber auch aus Glas, keine richtige Lösung für die Zukunft. Die bestehenden Systeme für Mehrweg und Recycling müssen weiter ausgebaut werden, falls nötig per Gesetz, da die Hersteller in der Regel immer den Weg des geringsten Widerstandes und der geringsten Kosten gehen.

FAQ

  1. Seit wann gibt es Mehrwegverpackungen und Wiederverwertung
    Beides gab es bereits in der Antike. Im alten Ägypten, in Griechenland und Rom wurden vor allem Altglas und Altmetall gesammelt, eingeschmolzen und neu verarbeitet. Griechen und Römer nutzten Amphoren aus Ton für den Transport und die Lagerung von festen und flüssigen Lebensmitteln, die so lange wiederverwendet wurden, bis sie zerbrachen.
  1. Wie viel Müll verursachen Einwegflaschen?
    In Deutschland werden jedes Jahr 17,4 Milliarden Einwegflaschen aus Kunststoff verbraucht. Dadurch entstehen 450.000 Tonnen Müll, der die Umwelt zum Teil stark belastet.
  1. Seit wann gibt es Mehrwegsysteme mit Pfand?
    Das erste Flaschenpfand für Mehrwegflaschen wurde 1885 in Schweden für Glasflaschen erhoben.
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