Die Möglichkeit des Klebens bringt für die Menschen viele Vorteile mit sich. Zwei Dinge ohne Schrauben, Nägel und Nieten miteinander zu verbinden – diese Fähigkeit macht viele Produkte vom Handy bis zum Flugzeug überhaupt erst möglich. Auch in der Verpackungsbranche zählen Klebstoffe zu einen der wichtigsten Komponenten.
Schließlich nützt eine ausgefeilte Hülle aus Pappe oder Kunststoff wenig, wenn sie nicht an den entscheidenden Stellen zusammenhält. So wie die Verpackungsmaterialien selbst, unterliegen heute auch die Klebstoffe dem Trendwandel zu mehr Nachhaltigkeit und zur Nutzung nachwachsender Rohstoffe.
Wir erklären dir, welche Klebstoffarten bei Verpackungen im Fokus stehen und welche nachhaltigen Alternativen entwickelt werden oder bereits auf dem Markt sind.
Nachhaltige Klebstoffe – eine Innovation mit langer Tradition
In der Frühgeschichte des Klebstoffes wurden nur nachhaltige Rezepturen verwendet. Geklebt haben unsere Vorfahren in der Steinzeit vorwiegend mit Baumharz und Holzteer. Die Gletschermumie Ötzi hatte zum Beispiel eine Axt im Gepäck, deren Klinge durch Lederriemen und Birkenpech im Griff aus Eibenholz stabilisiert wird.
Birkenpech entsteht als klebriger Rückstand beim Verbrennen von Birkenrinde und ist als Ur-Klebstoff seit mindestens 180.000 Jahren bekannt. Viel später, zur Zeit der Ägypter und Sumerer, begannen Menschen dann, Leim aus den Knochen und Häuten von Nutztieren zu kochen.
Harze und Leim aus Knochen, Milch, Mehl und Fischblasen blieben bis Ende des 19. Jahrhunderts die wichtigsten Klebstoffe. Erst mit der Erfindung synthetischer Rohstoffe eröffnete sich ein Feld neuer Klebstoff-Arten und Nutzungsmöglichkeiten.
Ein Jahrhundert synthetische Klebstoffe: Verbesserte Eigenschaften für mehr Nutzungsmöglichkeiten
Im 19. Jahrhundert strebte man zunehmend danach, synthetische Kleber zu entwickeln. Substanzen mit einer natürlichen Klebkraft, zum Beispiel Baumharze oder die Molekülketten aus Stärke oder Eiweiß im Leim (natürliche Polymere), wollten Wissenschaftler chemisch imitieren.
Das gelang zuerst Leo Hendrik Baekeland mit der Phenolharz-Härtung. Kurz darauf entdeckte Fritz Klatte in Deutschland das erste künstliche Polymer: das Polyvinylacetat. Bis heute gilt es als meistverwendeter Kunststoff in der Klebstoffherstellung.
Kunstharz und synthetische Polymere eröffneten neue Verfahrensweisen und Nutzungsmöglichkeiten. So wurden transparente Klebebänder erfunden, neue Härtungsverfahren mit UV-Licht und Feuchtigkeit entwickelt und materialübergreifende Verbindungen möglich, zum Beispiel zwischen Kunststoff und Metall.
Inzwischen erstreckt sich die Palette der verfügbaren Klebstoffe zwischen leicht haftenden PSA-Klebstoffen, die Haftnotizen ihren Halt an Buchseiten und Gegenständen verleihen, und robusten Konstruktionsklebern auf Epoxidharz-Basis, die Flugzeugteile miteinander verbinden.
Welchen Anforderungen sollten Klebstoffe heute entsprechen?
Die neuesten Entwicklungen zielen darauf ab, Klebstoffe zu erfinden, die nicht permanent verbinden, sondern sich zum Zwecke von Reparaturen und Recycling wieder lösen lassen. Dieser Mechanismus lässt sich etwa mit Temperatureinwirkung, Elektrizität oder der Änderung des pH-Werts auslösen.
Doch neben der Wiederlösbarkeit spielt eine andere Eigenschaft eines Klebstoffes die wichtigere Rolle bei Recycling und Umweltschutz: die genutzten Rohstoffe und ihr CO2-Fußabdruck. Denn sowohl Kunstharze als auch synthetische Polymere werden (teilweise) aus Erdöl produziert. Hier fordern die Verbraucher und die klebstoffnutzenden Branchen, umweltverträgliche Rohstoffquellen zu erschließen und alternative Rezepturen zu entwickeln.
Welche Klebstoffe spielen bei Verpackungen die wichtigste Rolle?
Die folgenden Klebstoffarten haben bei Verpackungen die größte Bedeutung:
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Schmelzklebstoffe
Diese Klebstoffe nennt man im Fachjargon auch „Hotmelts“. Sie zeichnen sich durch ihre Klebrigkeit beim Erhitzen aus, während sie bei Raumtemperatur aushärten. Schmelzklebstoffe setzt man in der Verpackungsbranche beim Verkleben von Kartons, Beuteln und Briefumschlägen ein, aber auch zum großflächigen Verkleben von Verpackungs-Beschichtungen. Im Einzelnen bestehen Schmelzklebstoffe heutzutage aus
- Polymeren
- Harzen
- Stabilisatoren und
- Wachs.
Der Nachteil: Sowohl Polymere als auch Harze im Klebstoff werden synthetisch aus Erdölprodukten gewonnen.
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Haftklebstoffe
Diese Klebstoffe bleiben bei Raumtemperatur mehr oder weniger weich und klebrig. So ist es möglich, dass sich Post-Its wieder ablösen lassen oder Lebensmitteltüten wieder verschließen lassen. Da Haftklebstoffe ihre Adhäsionskraft durch Druck entwickeln, spricht man bei ihnen auch von PSA (Pressure Sensitive Adhesives).
In der Verpackungsindustrie kommen Haftkleber häufig zum Einsatz; zum Beispiel als Aufkleber, Etiketten, selbstklebende Folien und Klebebänder.
Haftklebstoffe gewann man in früheren Zeiten aus Naturkautschuk und Harzen. Heutzutage nutzt man stattdessen elastische Kunststoffe (Elastomere) und Kunstharze, die teilweise aus Mineralöl gewonnen werden.
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Kleister und Leim
Kleister spielt die Hauptrolle bei der Herstellung von Wellpappe. Um die glatten und gewellten Papierbahnen fest miteinander zu verbinden, setzt man auf Stärkekleister, der meist aus Mais gewonnen wird. Diese Mischung punktet mit Klebkraft und Flexibilität. Letzteres ist wichtig, damit die Lagen der Wellpappe nicht auseinanderbrechen, wenn sie bei der Verpackungsherstellung gerollt und geknickt wird.
Kleister auf Stärkebasis aus Getreide gilt als umweltschonendste und gesundheitsverträglichste Klebstoffsorte. Leim für Holz und Etiketten hingegen gibt es in verschiedenen Varianten. Manche basieren auf synthetischen Inhaltsstoffen, andere nutzen Stärke oder Milchbestandteile.
Klebstoff-Art | Schmelzklebstoff | Haftklebstoff | Leim und Kleister |
Eigenschaft | Verflüssigt sich beim Erhitzen, erstarrt beim Abkühlen. | Bleibt klebrig, lässt sich mehrfach ankleben und wieder abziehen. | Lässt sich durch seine hohe Viskosität gut verarbeiten. |
Nutzung | Klebungen bei Kartons und Beuteln | Aufkleber, Klebebänder, selbstklebende Beutelverschlüsse. | Wellpappenproduktion, Etikettierung. |
Möglicher Nachteil | Erdölbasierte Polymere und Harze. | Erdölbasierte Elastomere und Harze. | Milchprodukte, synthetische Polymere. |
Alternative Lösung | Harze und Polymere aus nachwachsenden Rohstoffen. | Harze und Polymere aus nachwachsenden Rohstoffen. | Bio-Polymere aus Pflanzen. |
Nachhaltigkeit: Warum sind alternative Klebstoffe bei Verpackungen jetzt gefragt?
Das Bestreben nach umweltverträglichen Klebstoffen führt konsequent die Entwicklungen bei nachhaltigen Verpackungsmaterialien fort. Im Hinblick auf den Klimaschutz und das Vermeiden von Plastikmüll stehen hier seit Jahren Pappe, Biokunststoffe sowie Materialien aus schnell nachwachsenden Rohstoffen wie Hanfpapier und Graspapier im Fokus.
Im nächsten logischen Schritt sollten wir uns fragen: Mit welchen Klebstoffen werden unsere umweltfreundlichen Verpackungen zusammengefügt und welche nachhaltigen Alternativprodukte gibt es für erdölbasierte Kleber?
Stand heute: Bei der Entwicklung alternativer Klebstoffe läuft die Forschung auf Hochtouren
Im Wesentlichen müssen zwei synthetische Klebstoff-Komponenten ersetzt beziehungsweise aus umweltschonenden Rohstoffen nachgebaut werden: Kunstharze und synthetische Polymere. Aktuell sieht die Wissenschaft folgende Alternativlösungen:
Kunstharz aus Pflanzenöl
Epoxidharze auf Erdölbasis sind heute ein fester Bestandteil hochbelastbarer Klebstoffe. Die Mischung aus Monomeren und einem chemischen Härter lassen sich nicht mehr verformen, sobald sie erwärmt wurden und erkaltet sind. Forschern des Fraunhofer-Instituts für Mikrostruktur von Werkstoffen und Systemen IMWS ist es gelungen, Kunstharz-Klebstoffe auf der Basis von Pflanzenöl zu entwickeln.
Dabei werden die Fettsäuren durch das Anlagern von Kohlenstoff und Sauerstoff epoxidiert, sodass sie in Kombination mit Härtern einen festen Kunststoff bilden. Gleichzeitig lassen sich auch nützliche Eigenschaften des Bio-Kunstharz-Klebers einstellen, zum Beispiel eine elektrische Leitfähigkeit oder das Hinzufügen antibakterieller Stoffe.
Der entstandene Klebstoff ist Lösungsmittelfrei und basiert zu 86 Prozent auf Bio-Rohstoffen. Diese Quote ist hoch, wenn man bedenkt, dass bereits Kleber mit 35 Prozent Bio-Anteil als nachhaltig gelten.
Polymere aus pflanzlichen Rohstoffen
Polymere sind lange Molekülketten, die sich zu festen Materialien verbinden. In Klebstoffen werden sie zunächst durch Lösungsmittel oder Erhitzen in flüssige Form gebracht, bevor sie ihre Adhäsionskraft beim Trocknen beziehungsweise Erkalten entfalten. Um synthetische Polymere zu ersetzen, experimentiert die Klebstoff-Forschung mit unterschiedlichen pflanzlichen Materialien.
So bietet sich Stärke aus Kartoffeln und Getreide besonders als Polymer für Papierklebstoffe an. Milchsäure, die nicht aus Milch, sondern aus Pflanzen gewonnen wird, dient als Rohstoff für Klebstoffharz und Vergussmassen.
Der Faserstoff Lignin, der neben Zellulose für die Struktur von Holz und Pflanzenmaterial verantwortlich ist, kann nach einer bestimmten Behandlung als Primer in Klebstoffen fungieren. Selbst die Eigenschaften eines Haftklebstoffes, der sich ankleben und wieder abziehen lässt, lassen sich aktuell mit pflanzlichen Milchsäure-Polymeren nachbauen.
Welche Alternativlösungen sind aktuell schon im Handel?
Umweltverträgliche Klebstoffe sind nicht nur Zukunftsmusik. Bereits heute findest du im Handel zum Beispiel Schmelzklebstoffe, die bis zu 90 Prozent biobasierte Inhaltsstoffe enthalten, und Kleister, der 100-prozentig biologisch abbaubar und umweltverträglich ist.
Vegane Klebstoffe – wo müssen wir Tierprodukte konsequent ersetzen?
Während der vergangenen Dekaden wurden Tierprodukte wie Knochenmehl und Fischblasen als Klebstoffkomponenten vollständig durch synthetische Harze und Polymere abgelöst. Doch bis heute existiert eine Leim-Sorte, die auf Milchproteinen basiert: der Kaseinleim. Dieser Klebstoff ist beliebt als temperaturresistenter und wasserfester Holzkleber.
Zudem spielt er industriell eine wichtige Rolle als Etiketten-Leim. Der Klebstoff erfüllt die hohen Ansprüche der Industrie: Er lässt sich in automatisierten Prozessen einfach handhaben, gibt den Etiketten auch auf schwierigen Flächen Halt und lässt sich etwa bei Pfandflaschen rückstandslos wieder entfernen.
Das Problem: Aspekte des Tierwohls und der CO2-Reduktion fordern von uns, das Ausmaß der industriellen Milchwirtschaft zu reduzieren und Milchprodukte in vielen Feldern durch pflanzliche Produkte zu ersetzen. Auch die Verbraucher sind sensibilisiert: Wer sich vegan ernährt, will ausschließen, dass die Etiketten auf veganen Brotaufstrichen und Getränken mit Kaseinleim befestigt sind.
Wie funktioniert ein Etikettenleim ohne Milchprodukte?
Vegane Etiketten stellen die Klebstoffindustrie aktuell vor eine Herausforderung. Einige Anbieter entwickeln hier Alternativen, die vollsynthetische Polymere enthalten, was nichts anderes bedeutet als erdölbasierte Kunststoffe.
Fossile Rohstoffe bieten allerdings umwelttechnisch keine bessere Lösung als Milchproteine. Insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Träger der Etiketten, Mehrwegglasflaschen und Schraubgläser, als besonders umweltfreundliche und nachhaltige Verpackungslösung gelten.
Eine passendere Klebstoff-Alternative könnte veganer Leim auf Stärkebasis sein. Im Gegensatz zur vollsynthetischen Leim-Rezeptur werden hier keine fossilen Rohstoffe genutzt. Das ist unter den Gesichtspunkten „Umweltschutz und Nachhaltigkeit“ ebenso wichtig wie der verstärkte Verzicht auf Tierprodukte. Die benötigte Stärke kann außerdem ressourcenschonend aus Abfallprodukten der Lebensmittelindustrie gewonnen werden, zum Beispiel Kartoffelstärke aus Abwässern der Pommes-Produktion.
Schau bei nachhaltigen Klebstoffen genauer hin: Aktuell sind Kleber mit 30 bis 90 Prozent biobasierten Inhaltsstoffen im Handel, die alle das Label „nachhaltig“ tragen. |
Fazit: Alternative Klebstoffe – erste Lösungen sind nutzbar und viel ist in Bewegung!
Haftkraft, Flexibilität und gute Verarbeitungsfähigkeit – die industriellen Ansprüche an Klebstoff sind heutzutage hoch. Gegenwärtig können Bio-Kleber in manchen Anwendungsfeldern nicht zu 100 Prozent überzeugen. Allerdings sind Forscher und Fachinstitute intensiv bestrebt, diese Lücke zu füllen, um erdölbasierte Komponenten zu 100 Prozent ersetzen zu können. Hier bestehen gute Perspektiven, dass unsere Kulturtechnik „Kleben“ in Zukunft das Prädikat „umweltverträglich“ trägt.
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